So, oder so ähnlich könnte das Motto zu einem Weihnachtsmarkt der Johannischen Kirche lauten. Nach langer Pause haben die Gemeinden des St.-Michaels-Heims, die Urgemeinde, Gemeinde Kaulsdorf, Ahrensburg und Dresden eingeladen.
Die organisatorische Federführung im SMH wechselte zum Weihnachtsmarkt 2022. Die Planungen waren exakt, die Raumaufteilung verändert, die Aussteller und Anbieter mit neuen Ideen, das Konzept aber blieb, den Gästen und Besuchern weihnachtliche Besinnlichkeit zu vermitteln. Das gelang bei vielen Besuchern, bei einigen, die sich an vorherigen Märkten orientierten, stellte sich eine Enttäuschung ein, weil lieb gewordene Produkte, bisherige Veranstaltungen fehlten oder verringerte Angebote insgesamt angetroffen wurden.
Hier ein „Dankeschön“ von Matteo Neise, der der organisatorischen Federführung angehörte:
„Der Adventsmarkt war für das Organisationsteam ein großer Erfolg. In kürzester Zeit wurde ein ähnlich großer Markt wie in der Vergangenheit organisiert. Unser Organisationsteam hat das zum ersten Mal gemacht und dabei viele Erfahrungen gesammelt. Wir haben nie offen kommuniziert, wer eigentlich in diesem ominösen Organisationsteam sitzt. Deshalb möchte ich als Teil dieses Teams und auch als Gast unseres Adventsmarktes danke sagen an: Uwe L., Nadine K., Janika K., Matthias T., Rebecca M., Fabian G., Bettina A., Christoph S.B. und an alle ehrenamtlich Helfenden. Ohne Ehrenamt könnten wir keinen Unterschied zu herkömmlichen Weihnachtsmärkten realisieren. Viele unserer Gäste merken den Unterschied, die andere Atmosphäre. Einen großen Teil dieses Umstands verdanken wir dem Kulturprogramm und der inneren Einstellung unserer Standbetreibenden sowie allen Helfenden. Vielen Dank!“
Unser Kirchenleben hatte ich auf käuflichen DVDs und gerahmten Bildern angeboten. Damit weckte ich Neugier bei Besuchern, die gerne mehr wissen wollten über den Johannischen Glauben, die Sakramente der Kirche. Immer wieder wurde die Frage nach der Heilung durch Handauflegen gestellt, wieder andere wollten Auskünfte über das Verhältnis von Kirche und Staat in der Zeit des Nationalsozialismus (Verbotszeit) und des Sozialismus (DDR). Mich erstaunte der Wissensstand der Gäste und die durchweg substanziellen Fragen zum Erscheinen der Kirche in der Öffentlichkeit.
Meinen Verkaufsstand hatte ich im Salon Mendelssohn, der ja eine besondere Art der Repräsentation durch Stuck und Beleuchtungstechnik darstellt. Hier konnte ich beobachten, wie Menschen den Raum betraten und sofort von der besonderen Atmosphäre des Raums eingenommen waren. Wie oft der vielarmige Kronleuchter und die Stuckarbeit fotografiert wurde, verblüfften mich.
Die sonst in diesem Raum stattfindenden konzertanten, weihnachtlichen Kabinettstückchen wurden vermisst. Das ausgeweitete Bücherprogramm bescherte der Anbieterin gute Umsätze, das Antiquariat hingegen wurde vermisst, das im sog. Giebelsaal im Dachgeschoß bis dato anzutreffen war. Im Nachbarraum wurde eine Kindheitserinnerung vieler Väter real: Kinder konnten basteln, vorwiegend mit Laubsäge-Arbeiten. Ein Helfer dieser Spezies hatte im Vorfeld in einem Baumarkt nach Zubehör für Laubsäge-Arbeiten angefragt, um sich damit einzudecken, und wurde in die „Gartenabteilung“ geschickt… Damit war wohl die Notwendigkeit dieses Kinderprogramms bestätigt.
Der Große Saal im Kellergeschoss war etwas verändert gegenüber den Jahren zuvor. Der Stand der Integrativen Gruppe der Friedensstadt hatte abgesagt und so fehlten dem einen die Kerzen und dem anderen das Kräutersalz. Neu war ein Stand zum alternativen Einpacken, der gut angenommen wurde. Und die Freude über die Engelchen aus der Nähstube, das Kunstgewerbe aus der Kunstwerkstatt, den Häkelstand und natürlich über Lutz mit Holz – und Steinkostbarkeiten war groß. Viele positive Rückmeldungen über die schöne Weihnachtsstimmung im Saal und die mit Liebe handgemachten schönen Dinge zum guten Preis waren an den Ständen zu spüren und zu hören.
Kinder hatten durch die Anwesenheit von zwei Alpakas, die durch den Park geführt werden konnten, ihre Freude sowie auch durch Märchen, die in regelmäßigen Abständen erzählt wurden.
Der Vorplatz mit weihnachtlichen Angeboten in Speis und Trank konnte mit einer Begeisterung am Platz endlich, endlich wieder punkten. Alles, was der weihnachtliche Gaumen wünscht, war vertreten:
Glühwein, afrikanische Spezialitäten, selbstgemachte Marmeladen, frisch gebackene Brote, Crêpes, Grillfisch, Feinkost, heißer Cocktail, Gestecke, Kekse, kunstvolle Bilder, Handarbeiten, und ein Sekt-Stand, der schon seit 2007 betrieben wird und sich seiner besonderen Beliebtheit für die Stammkunden aus der Grunewalder Nachbarschaft erfreute. Viele waren voll des Dankes, dass der Basar wieder stattfinden konnte und sie wieder ihren Sekt bekamen. Der Erfolg des Kekse-Standes war fast vorhersehbar. Nach zwei Stunden waren die Verkäufer- innen und Bäckerinnen arbeitslos, weil ausverkauft. Der frühe Ausverkauf verursachte bei vielen der Gäste große Enttäuschung; andere erfreuten sich an den Dingen, die nach den beiden letzten Jahren wieder in langer Vorarbeit entstanden sind.
Weihnachtsmarkt Waldfrieden Eine Woche später eröffnete traditionsgemäß dann die Johannische Kirche mit der Urgemeinde im Waldfrieden ihren Weihnachtsmarkt. Bis auf die hintere Wiese mit ehemals gastronomischen Angeboten und dem großen „Trödel-Zelt“ war wieder alles beisammen. Vor der Halle reihten sich diverse Speisen- und Getränkestände auf. Kinderunterhaltung gab es im Mini-Mich und um den Pavillon machten sich die Jäger mit ihren Köstlichkeiten einer einträglichen Jagdsaison an die Bewirtung.
Die Gottesdiensthalle hatte dieses Mal eine klare Aufteilung. Im ersten Rundbogen fanden musikalische Darbietungen und Gottesdienste statt. Im hinteren Rundbogen, der Orgel zugewandt, fand der Verkauf handwerklicher Arbeiten und Verkostung an Tischen statt. Zeitgleich standen auch Läden in der Friedensstadt offen.
Meinen Stand mit Filmen und gerahmten Bildern aus dem Kirchenleben hatte ich in der Waldfrieden-Halle im Eingangsbereich in der Nähe des ersten Bogens platziert. Auch hier konnte ich Gespräche mit Gästen dieses Weihnachtsmarktes führen, die größtenteils aus der engeren und weiteren Umgebung kamen, den Markt aber schon seit Jahren besuchten. Mit einer Dame kam ich ins Gespräch, die mit ihrer Dorfgemeinschaft in den letzten Jahren immer gemeinsam kamen, aber getrennt alle Angebote verkosteten. Als sie den Filmtitel: „Friedensstadt 1994-2016 Rückgabe und Entwicklung“ sah, berichtete sie mir von ihren Radtouren im Sommer, die immer so gelegt werden, dass eine Tour durch die Friedensstadt führt. Jetzt hatte sie also Gelegenheit, sich ausführlich informieren zu lassen.
Die Friedensstadt hat Interessierte begeistert, weil ihre Entwicklung außergewöhnlich ist: vom Aufbau ab 1920, über ihre Enteignung durch die Nationalsozialisten, Panzerwerkstatt in der Waldfriedenhalle (vielen bekannt), als Garnison der UdSSR mit Raketenstation auf dem Berg und Wiederaufbau durch die Johannische Kirche ist auf die erfolgreiche Pressearbeit der Urgemeinde zurückzuführen. Regelmäßig informiert die Ortspresse über die nachgenannten Bauvorhaben: über den Umbau des Glauer Hofs, als Inklusionszentrum der Friedensstadt sowie der neuen Kindertagesstätte. Dem ehrenamtlichen Engagement und dem Spendenaufkommen wird allgemein Beachtung gezollt.
Ich konnte auch immer wieder, vorwiegend Männer und vermutlich Handwerker beobachten, die in die Halle kamen, auf das hölzerne Bogendach schauten und schnurstracks auf einen Rundbogen zugingen, um dessen Nagelung, Bretterung und Verankerung im Boden zu begutachten, und die Nägel betasteten. Meist gingen sie mit einem ungläubigen, aber wohlwollenden Lächeln davon.
Eine Begebenheit berührte mich besonders, als eine Dame mittleren Alters die Halle betrat, sich umschaute und sich an mich wandte: „Sie müssen wissen, ich bin eine verwurzelte Atheistin, ich glaube an nichts. Aber wenn ich mir vorstellen müsste, wie eine Kirche aussehen sollte, dann wie diese.“ Damit machte sie eine kreisende Handbewegung und meinte, dass alles schlicht ohne Pomp im vorderen Bereich zur Einkehr dient, im hinteren Teil, die Gemeinschaft gepflegt wird, Alt und Jung beieinandersitzen, essen und trinken. Dann ging sie beschwingt von dannen. Vielleicht, kam mir der Gedanke, hat diese Frau einen Blick in unsere Zukunft werfen dürfen, hat die Schlichtheit unserer Gläubigkeit, unsere Einfachheit im Umgang mit Menschen und Gebäuden als Schlüssel für eine Akzeptanz in der Öffentlichkeit empfunden.