Geschichten rund um den Glauer Hof: Der Außenputz – die Haut des Hauses

von Siegfried Sonntag
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Dunkelgrau und unansehnlich steht er da, der Glauer Hof. Einst Mittelpunkt der aufstrebenden Siedlung in den 1920er-Jahren, sieht das Haus nach 60 Jahren militärischer Nutzung nun trostlos aus. Der Außenputz, die „Haut“ des Gebäudes, ist stark beschädigt, fehlt teilweise bereits großflächig oder hängt in Fetzen herunter. Andernorts hat die Außenhaut „Pflaster“ aus einer anderen Putzqualität bekommen.

Welche Funktion hat der Außenputz? Er soll die tragende Wandkonstruktion gegen direkte Witterungseinflüsse schützen und diffusionsoffen sein, um Feuchtigkeit aus dem Innenraum nach draußen transportieren zu können. Er ähnelt damit in seiner Funktionsweise unserer menschlichen Haut.

Wie sah die Fassade aber bauzeitlich wirklich aus? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, hat die Glauer Hof – Inklusion leben gGmbH ein denkmalpflegerisches Gutachten bei Restauratorinnen in Auftrag gegeben, das Erstaunliches zu Tage brachte. An der Fassade wurden fünf Bauphasen abgelesen:

  • Bauphase I (1922): Die Fassade war ohne Farbanstrich. Der Putz war einschichtig aufgetragen. Die Fassadenfarbe ergab sich durch die verwendeten Bindemittel Quarz, magmatische Gesteinsbruchstücke (Granit, Gneis) und Feldspat. Diese Zuschlagstoffe erzeugten die helle bis leicht gelbliche Farbe.
  • Bauphase II (vermutlich um 1935/40): Die Fassade wurde monochrom mit einem weißen Grundanstrich und ockerfarbigen Sichtanstrich überstrichen.
  • Bauphase III (vermutlich vor 1945): Die Farbbehandlung wurde in gleicher Ausführung nochmals wiederholt.
  • Bauphase IV (vermutlich nach 1945): Mit Übernahme und Nutzung der Siedlung durch die sowjetische Armee wurde das Gebäude mit einem grauen Anstrich versehen.
  • Bauphase V: Die graue Farbgestaltung wurde wiederholt. Putzschäden hauptsächlich auf der Gebäuderückseite wurden mit einem grauen Spritzputz ausgebessert.

Die entnommene Putzprobe wurde im Baustofflabor auf ihre Bestandteile analysiert. Es war ursprünglich ein einlagiger Kalkputz in einer Schichtdicke von 1,0 cm (heute sehr ungewöhnlich) aufgetragen worden. Anhand der Auswertung wurde die bauzeitliche Putzmischung nachgebaut. Eine Musterfläche des bauzeitlichen Putzes ist auf der straßenseitigen Fassade bereits aufgezogen. Diese Ausführung ist aufgrund des Denkmalschutzes vorgeschrieben.

Neben der glatten Putzfassade hatte der Architekt Willy Fromholz bauzeitlich Schmuckelemente in „Art déco“ anbringen lassen. Diese Kunstrichtung wurde in den 1920er-Jahren gern verwendet und ist an manchen Bauten anzutreffen. Alle Zierelemente, auch die massiven Außenfensterbänke, müssen sorgfältig gereinigt, erhalten und Fehlstellen ergänzt werden.

Zur weiteren Fassadengestaltung gehören grüne Fenster und Klappläden im Erdgeschoss. Über dem Mittelbereich war früher die Schrift „Der Glauer Hof“ zu lesen, die heute fehlt. Sie wird im Zuge der Bauarbeiten wieder in ursprünglicher Farbe dunkelrot hergestellt. Schließlich soll der Glauer Hof wieder in seiner ursprünglichen Schönheit die Friedensstadt zieren.