Es war einmal im Jahre 2010, da fiel der Hausreinigung der abgenutzte Zustand der Kirchenstühle auf und nach einem Gespräch mit unserem Oberhaupt Josephine und einem großzügigen Spender, der nicht genannt werden will, fiel die Entscheidung, dass die Stühle neu bezogen werden sollten. Der Stoff wurde noch im Dezember 2010 von Josephine und Veronika Berger bei Dieter Grimm in seiner Polsterei in Ludwigsfelde ausgesucht und bestellt. Durch die Vermittlung von Tobias Schermutzki wurde eine Firma mit Beschäftigungsmaßnahmen für arbeitslose Handwerker gefunden, die 2013/14 gut 20 Stühle überarbeiteten. Dann wurde die Firma wegen veränderten Gesetzesbestimmungen leider geschlossen und die Suche nach neuen Firmen zog sich über Jahre hin. Die Kosten für eine Überarbeitung sollten 50000 € betragen und so entstand die Euch bekannte Spendenaktion mit dem Kirchenmodell vor der Kirchentür. Es kamen 30000 € zusammen und im Juni 2020 fiel nach einer Besprechung mit den Oberhäuptern Stefan und Daniel , mit Uwe Lehmann, Mitarbeitern der Hausmeisterei und anderen engagierten Brüdern die Entscheidung, die Stühle in ehrenamtlicher Arbeit zu sanieren. Und seitdem hat sich im Keller in den uns bekannten Räumen eine kleine Produktionsstätte mit einem wohldurchdachten Ablauf und begeisterten und zu fachlich begeisternden Leistungen fähigen Helfern entwickelt.
Im Folgenden habe ich zwei der Mitarbeiter zu ihren Arbeitsbereichen befragt, wie ihre Arbeit aussieht:
Erstmal müssen die Holzteile der Sitz- und Rückenlehnen natürlich saubergemacht und von ihrem alten Stoff und den vielen Tacker-Klammern befreit werden. Vom Schaumstoffladen haben wir fertig zugeschnittene Schaumstoffteile für die Rückenlehnen und die Sitzflächen und drei ehrenamtliche Helfer nähen den Stoff in Heimarbeit vor. Dann kriegen wir aus der Bauernstube, von der Holzbearbeitungscrew die Bretter und der Schaumstoff wird mit einem Sprühkleber auf dem Holz befestigt. Dann kommt ein dünnes Flies drauf, das schützt nochmal den Schaumstoff, wenn der sich vielleicht doch irgendwann auflöst. Die Halbwertzeit von so einem Schaumstoff beträgt so etwa 10 Jahre, dann fängt der Verfall auch schon wieder an und das Flies hält es dann vielleicht doch noch etwas länger zusammen. Wir haben uns von Michael Hentschel, dem Polsterer aus Ludwigsfelde zeigen lassen, wie das geht. Dann ziehen wir die vorgenähten blauen Stoffe drüber und fangen diagonal an den Ecken an, wir spannen den Stoff, schlagen die Kanten nochmal um und tackern von hinten den neuen Stoff Zentimeter für Zentimeter fest. Bei den Rückenlehnen wird der Stoff als Schlauch genäht und über das Holz gestülpt, dann werden nur noch die Seiten gespannt, die 3 Holzdübel an jeder Seite müssen ausgespart und der Stoff angetackert werden.
Wir haben ganz zu Beginn des Projektes die alten Stühle auseinander gebaut und haben schnell gemerkt, dass es sehr mühsam ist, den alten Lack runterzuschleifen und haben es trotzdem gewagt. Wir haben festgestellt, dass das Dübelmaß von 11,5 heute gar nicht mehr hergestellt wird und die Bohrlöcher verändert werden müssen. Nach langem Hin und Her wollten wir Michael Dannenberg nur fragen, was wir tun können und was er für Tipps hat für die Holzbearbeitung. Aus diesem Gespräch ist schnell eine Einladung entstanden: „Kommt doch mit dem Holz einfach mal nach Mühlanger, das könnt ihr hier schleifen und müsst das dann nicht mit der Hand machen. Ich habe hier Horizontal-Bandschleifer.“ Das heißt praktisch, man legt das komplette Holzseitenteil auf die Bandschleifmaschine, das dann automatisch über ein Band durchgezogen wird und auf der anderen Seite fertig geschliffen rauskommt. Allein dadurch sind locker zwei Arbeitsstunden pro Seitenteil gespart. Dann ging es weiter, Michael Dannenberg hat uns seine anderen Maschinen auch zur Verfügung gestellt und wir sind momentan in der Lage, an einem Tag 20 komplette Stühle in Mühlanger von der Holztechnik her zu bearbeiten. Da wir alle möglichen Talente in unserer Gruppe haben, aber leider kein Lackierer dabei ist, hat Michael Dannenberg einen Mitarbeiter seiner Firma gebeten, die gesamten Holzteile für uns zu beizen und dreimal zu lackieren. Wenn die fertig sind, werden sie durch seinen Sohn Simeon Dannenberg ins St. Michaelsheim geliefert, wo wir sie wieder aufnehmen. Wenn Sascha seine Arbeit richtig gemacht hat und die Sitzfläche und die Rückenlehne fertig gepolstert sind, werden diese vereinigt mit einem Polyuretankleber und mit weißen Holzleim, sie werden dann verleimt und mit Zwingen gezwungen. Wir brauchen pro Stuhl parallel 5 Zwingen, ihr könnt euch vorstellen, das ist ganz schön viel, das sind bei 3 Stühlen 15 Zwingen und bei 5 schon 25 und wir haben nur wenig Platz. Wir nutzen hier im Michaels Heim die Bauernstube und den Kuppelsaal. Wir haben uns jetzt für 3 parallele Leimungen entschieden, das bedeutet im Umkehrschluss bei ungefähr 2 Stunden Trocknungszeit, dass wir am Tag locker 6 Stühle schaffen. Momentan haben wir 100 Stühle im Durchlauf, von denen 6 fertig geleimte Stühle mittlerweile in der Kirche und Teile für 60 Holzstühle momentan in Mühlanger bei Dannenbergs sind. Wenn sich die Coronasituation etwas verbessert, fahren wir wieder im kleinen Team hin, um dann 60 Stühle fertig zu machen. Wenn die Coronakrise uns dann weiter in Ruhe lässt, gehen wir davon aus, dass wir, wenn wir den Ort nicht ändern und wir weiter in der Bauernstube und dem Kuppelsaal bleiben dürfen, das Projekt in diesem abschließen können.
Sascha: Gute Frage.. ich bin gefragt worden, du kennst dich doch mit Holz ganz gut aus, hast du nicht Lust bei diesem Projekt mit zu machen. Und dann hat man sich gedanklich damit angefreundet, sich reingedacht und zusammen angefangen, Ideen zu schmieden, wie man das selber angehen würde und so kam es dann zu den ersten praktischen Schritten, dass man die Schaumstoffläden angefahren hat und nach Beratung und Kontakten gesucht hat und sich für den einen Laden auch entschieden hat, weil die sehr nett waren und uns auch sehr entgegengekommen sind. Am Anfang haben wir ausprobiert, die Holzstühle erstmal im Ganzen zu schleifen, da haben wir Nachteile festgestellt und dann haben wir in der Gruppe entschieden, dass wir sie auseinanderbauen, was natürlich großen Aufwand bedeutete.
Markus: Nochmal zu den Ehrenamtlichen: Es gibt ja mehrere Kirchenmitglieder, die regelmäßig ehrenamtlich in der Hausmeisterei arbeiten und sie unterstützen. Als wir uns entschieden haben, die Kirchenstühle selbst zu bearbeiten, hat sich diese Gruppe der Ehrenamtlichen Gedanken gemacht. Sie haben jeweils ihre Freunde und die richtigen Handwerker angesprochen, um die ersten Fragen zu klären, so wie Sascha gesagt hat. Dadurch wurden wir nicht nur beraten, sondern die Befragten haben uns gefragt, können wir da nicht mitmachen und so hat sich das relativ schnell zu einer großen Gruppe gebildet, die uns hier unterstützt.
C: Und wo Du eher mal jemand absagen musst, damit der Raum nicht zu voll wird. Daraus spricht ja eine große Begeisterung!
M: Auf jeden Fall. Wir haben ja bestimmte Fertigungsprozesse hier. Wir haben z.B. nur zwei Holztacker, es können also nicht mehr tackern als zwei, das reicht aus unserer Sicht aus. Wir haben zwei Schleifgeräte, wir haben dreimal Schütze, um die Stühle zusammen zu leimen und so weiter und so fort. Auch die Maschinenzahl in Mühlanger ist begrenzt, sodass maximal 6 Mitarbeiter beschäftigt werden können. Wir sind weit über 20 Ehrenamtliche momentan, sodass wir einige leider manchmal vertrösten müssen, dass nichts stattfindet, weil a durch die Coronakrise die Räume manchmal zu klein sind und b wir in dem Moment einfach keine Arbeit für sie haben.
C: Es gab ja vor den Stühlen im ersten Corona-Lockdown schon das Projekt Renovierung der Kirche mit neuer Farbe und Überarbeitung von Lampen, Technik und Fussboden. Und nun habt ihr gesagt, es wird euch etwas fehlen, wenn dieses Projekt fertig ist.
Sascha: Wir wollen dann natürlich auch gerne weitermachen mit der Empore, dass da die Bänke für den Chor auch wieder ein bisschen komfortabler und schöner werden.
M: Was mir noch wichtig wäre, dass man insbesondere am Ende, wenn der Artikel fertig ist, nochmal allen Mitarbeitern dankt, den Oberhäuptern für ihre Begleitung und ganz doll Michael Dannenberg und Michael Henschel für ihren großen Einsatz. Und noch eine große Sache, die sehe ich immer bei den Ehrenamtlichen, weil ich ja meistens weiß, was auch die Ehefrauen der Helfer oder die Ehemänner der Helferinnen machen. Ganz großen Dank an die Ehefrauen und Ehemänner, die mit viel Geduld ihre eigenen Projekte zurückstellen, um ihre fleißigen Helfer hier zu unterstützen und das ok finden, wenn sie die nächsten 6 Monate mal keine Zeit für andere Dinge haben.
C: Dann auch von unserer Seite ein Dank an alle für euren tollen Einsatz! Wir wünschen euch weiter gutes Gelingen, soviel Freude und gute Stimmung, die hier spürbar rüberschwingt und viel Segen für den Rest der Arbeit!