Neu zu lernender Weg

Gemeindebrief
von Norbert T.
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Viele von den im Dezember 2022 im Gemeindesaal (oder Großen Saal) anwesenden Geschwister kannten noch die Kirche unter der Leitung von Schwester Friedchen. Einigen von ihnen hatte sie in ihrer unnachahmlichen Art ein Kirchenamt gegeben, ein Ablehnen ihres Auftrages war undenkbar, ein Nein in keiner Weise möglich. Es war die Zeit des Aufbaus, des unbedingten, des sichtbaren Glaubensgehorsams.

In ihrer Nachfolge veränderte sich wenig an den Strukturen der Kirchen- und Gemeindeordnung. Eine neue Generation von Geschwistern löste die in die Jahre gekommenen Amtsträger ab, die verantwortungsvoll, zum Teil Jahrzehnte lang, ihre Pflicht gegenüber der Kirche und den Geschwistern erfüllt hatten. Manche konnten danach auch ohne Amt im Weinberg des Herrn körperlich und schließlich mit aufmunternden Ratschlägen und vor allem mit ihren Gebeten weiter arbeiten. Liebevoll hatte ihnen Schwester Josephine die Last des Amtes von ihren Schultern genommen und jüngere Nachfolger bestimmt, die sie fragte, ob sie bereit wären, ein Amt in der Kirche auszufüllen. Aber ich weiß von einigen, die sich nicht in der Lage sahen, diesen Dienst zu übernehmen, was sie im Vertrauen auf das liebevolle Verständnis von Schwester Josephine, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen, äußerten und so ein kirchliches Amt ablehnten. Es war die Zeit der Freiwilligkeit und der Bitte um die Mitarbeit in der Kirche. Schwester Josephine versuchte, uns zu mündigen Geschwistern zu formen, die – jeder nach seinen Gaben und Talenten – die Kirche in der neuen Zeit weiter bringen sollten.

In weiser Voraussicht hat sie vor ihrem Heimgang Stefan Tzschentke und Daniel Stolpe als neue Kirchenleitung eingesetzt, die als „Gleiche unter Gleichen“ das Kirchenschiff durch die stürmische See lenken sollen, durch unsere Zeit der Krisen und neuen Herausforderungen. Es war ein langer Vorspann, den ich der Beschreibung des nunmehr dritten Gesprächskreises zur Zusammenführung der fünf im St.-Michaels-Heim ansässigen Gemeinden zu einer großen vorangestellt habe. Aber ich denke, er war wichtig, um die Schwierigkeiten zu erklären, die für uns alle im Raum standen, als wir versuchten, den neuen Weg der Gemeinde im St.-Michaels-Heim ab dem Januar 2023 zu planen, denn alle Anwesenden und alle Mitglieder der Gemeinden sind gefordert, die Zukunft der großen Gemeinde zusammen zu gestalten. Ein Redebeitrag erinnerte daran, dass es in früheren Jahren nur der Berufung in ein Amt bedurfte, sodass die neue Gemeindeleitung, ausgestattet mit Gottes Kraft, für die kommenden Aufgaben vorbereitet war. Wir als Mitglieder würden im Glaubensgehorsam der neuen Leitung folgen.

Ist es aber das, was die Gemeinde im St.-Michaels-Heim und die Gemeindeleitung zukünftig ausmachen sollte? Leben wir nicht in einer Welt, in der Freiwilligkeit zur Mitarbeit, eben nicht nur das Folgen, sondern auch die Beratung, die Mithilfe und das liebevolle Zusammenarbeiten gefordert sind? Die Organisation der ersten Monate des nächsten Jahres ist geklärt: die Prediger für die Andachten, der Missionshelferdienst, die musikalische Begleitung und die Ordnerdienste sind dank der fleißigen und von uns kaum bemerkten ehrenamtlichen Helfern eingeteilt.

Der äußere Rahmen der Andacht, der Aufbau eines Banners, das Entzünden der Kerzen, das Aufschlagen der Bibel, der rechtzeitige Beginn und ein geordneter Ablauf bedürfen eines Menschen, der bisher als Gemeindeleiter vor den Geschwistern stand. Fragen, die von Mitgliedern vor und nach dem Gottesdienst gestellt werden, sollten auch weiterhin zügig geklärt werden können, Veranstaltungen und Gruppenaktivitäten müssen angestoßen und vorbereitet werden.

Wir sind leider daran gewöhnt, als Gäste der Gemeinde die kirchlichen Feiern zu konsumieren, wir vergessen jedoch, dass all diese geplant und im Vorfeld bearbeitet werden müssen. Unsere bisherigen Gemeindeleiter und Gemeindehelfer haben dies in aller Stille für uns ausgeführt, und wir dürfen ihnen für ihren Teamgeist und ihre Sorge für uns Gemeindemitglieder danken. Wie soll aber nun die Zukunft aussehen? Die mannigfaltigen Aufgaben in einer Gemeinde müssen nun von einer Gemeindeleitung übernommen werden, ein in kurzer Zeit nur schwierig zu lösendes Problem. Da ich als ehemaliger Gemeindeleiter ebensolche Schwierigkeiten kennengelernt habe, darf ich aber beruhigend sagen, dass trotz Vollzeitberuf außerhalb der Kirche und drei zu versorgenden Kindern die Kirchenarbeit leistbar war, und dass ich häufig Zeit geschenkt bekommen habe, wenn ich diese an die Kirche verloren zu haben glaubte. In der heutigen Zeit ist das Arbeiten im Team üblich geworden, und darin liegt unser Vorteil. Die neue Gemeindeleitung kann auf die Mitarbeit der erprobten Arbeitsgruppen zurückgreifen. Die Gemeindehelfer und die Planer für alle Organisationsfragen stehen weiterhin zur Verfügung.

Für die Übergangszeit, so konnten wir einem Redebeitrag entnehmen, wäre eine Gruppe von Geschwistern denkbar, die sich als Ansprechpartner und Berater zur Verfügung stellen.Auf diese Weise wäre eine Aufteilung der Lasten auf mehrere Schultern möglich, die in enger Verbindung zur Gemeindeleitung stehen. Diese Arbeitsstruktur erinnert sehr an einen Gemeinderat mit einem Vorsitzenden, wie sie in anderen Kirchen üblich ist. Die Mitglieder wären jedoch in der Gemeinde des St.-Michaels-Heims nicht gewählt, sondern freiwillig tätig, zum größten Teil ehrenamtlich. Den Vorsitz in diesem Gremium könnte ein hauptamtlich oder ehrenamtlich tätiger Gemeindeleiter führen.

Der wichtigste Punkt in unserer Kirchenarbeit, die Betreuung unserer Geschwister, ist durch die Fortführung der Mitarbeit unserer ehemaligen Gemeindeleiter und der weiterhin tätigen Gemeindehelfer gesichert, die Eröffnung der Andachten in der kommenden Zeit ist durch die Bereitschaft zur freiwilligen Mitarbeit einiger Geschwister gesichert, so dass auch der zweite wichtige Punkt der Kirchenarbeit sichergestellt ist.

Nach einer sehr angeregten und ebenso anregenden Sitzung beschlossen wir diese Punkte mit einem gemeinsamen Abendgebet, nicht voll der Sorgen, sondern erwartungsvoll mit dem Gefühl, dass der zukünftige Weg geschafft werden kann, wenn wir alle, jeder an seinem Platz als Gemeindemitglieder daran denken, dass wir als Kameraden mit Gott und für Gott arbeiten dürfen.

P.S.:Inzwischen ist die Arbeit weitergegangen und wir freuen uns über die neue Gemeindeleitung und das entstehende Team.