“Ein märchenhafter Auftritt”

Gemeindebrief
von Lisa F.
PDF-Ansicht

Ein junger Mann sieht um die Mittagszeit zufällig aus dem Fenster und traut seinen Augen kaum.Er sieht einen Esel, einen Hund, eine Katze und einen Hahn gut gelaunt auf der Straße spazieren. Er kneift die Augen zu und gibt sich eine Ohrfeige, aber die Tiere sind immer noch da. Er öffnet das Fenster und ruft:”Seid ihr das wirklich, wonach ihr ausseht?” “Korrekt” iate der Esel.

”Wir haben das Haus im Wald verlassen und gehen zum Rathaus, um ein kleines Konzert zu geben!” “Sag allen Leuten Bescheid”, miaute die Katze. “Um vier!” krähte der Hahn. Der junge Mann griff zu seinem Smartphone und zoomte das märchenhafte Tierquartett heran und machte ein Foto. Dann twitterte er die Nachricht an alle Freunde und Bekannten.”

“Die Bremer Stadtmusikanten geben heute um 16Uhr auf dem Rathausplatz ein Konzert. Kommt alle! Das ist kein Witz!” Dann stellte er fest, dass er nur noch knapp zwei Stunden Zeit bis zu diesem Ereignis hatte. Das würde ihn viel Überwindung kosten, denn er war seit über einem Monat nicht mehr aus seiner Wohnung gegangen. Er tätigte seine Einkäufe über das Internet, seinen Job machte er am Computer und auch alle anderen Bedürfnisse befriedigte er über das Internet.Die einzigen Menschen, die er ab und an sah, waren die Boten der Logistikunternehmen. Deshalb trieb ihm die Vorstellung, am Rathausplatz mit vielen Menschen zusammenzutreffen, den Schweiß aus allen Poren, aber er wollte die Bremer Stadtmusikanten unbedingt erleben.

Um 16 Uhr hatten sich eine Menge Leute auf dem Rathausplatz versammelt und der Esel begann mit kräftigen, voluminösen Bariton das Konzert. Er berichtete, dass sie die Räuber aus einem Haus im Wald vertrieben hatten und nun zu euch ,den Bürgern dieser Stadt, gekommen sind, um euch zu sagen, dass ihr die Räuber aus dem Haus eurer Seele vertreiben müsst.Lieber gestern als heute! Der Hund sprang auf den Rücken des Esels, die Katze elegant auf den Rücken des Hundes und schließlich schwang sich der Hahn auf den Rücken der Katze. “Die Räuber im Haus eurer Seele” , sang der Esel weiter, “haben euch eure größten Schätze gestohlen: eure Liebesfähigkeit, eure Spontaneität und Heiterkeit, euer inneres Lächeln! Nun ist es an der Zeit: Holt euch zurück, was euch gehört: eure Lebensfreude, euer Glück!”

Ein junger Mann wollte wissen, wer denn die Räuber seien. “Ihr selbst”; sang die Katze, “und deshalb seid ihr auch eure eigenen Retter. ” “Kommunikation muß wirklich und echt sein, sonst kann sie nur oberflächlich und schlecht sein. Wer lieber digital verkehrt, der lebt verkehrt!”fiel der Hund mit weichem Alt ein. “Guckt nicht so irritiert!” sang der Hahn mit kräftigen Krähen.

“Was ist mit euch passiert? Warum hockt ihr stundenlang wie hypnotisiert vor kleinen und großen Monitoren? Öffnet eure Augen und Ohren! Lernt wieder zu hören, zu sehen und zu verstehen, zu schmecken und zu entdecken- und vor allem zu spüren! Öffnet eure inneren Türen !” “Die sozialen Netzwerke haben eure seelische Verkümmerung und emotionale Zertrümmerung gebracht und dadurch eure Phantasie gebeugt, die eure Märchenwelt erzeugt, ” sang die Katze.

“Die Lösung und die Losung für uns alle will ich euch jetzt geben : mit Herz und Seele und allen Sinnen leben !” Das Finale sangen alle gemeinsam. Dann sprang der Hahn von der Katze, die Katze vom Hund und der Hund vom Esel hinunter. Die tierischen Musiker verbeugten sich und lösten sich auf märchenhafte Weise in Luft auf.

Der junge Mann hatte ebenso wie alle Zuhörer den Bremer Stadtmusikanten gelauscht und spürte, wie etwas mit ihm und um ihn herum geschah. Die Menschen schienen aus einer inneren Apathie zu erwachen und wandten ihre Gesichter einander zu und sahen sich in die Augen .Das hatten sie seit langer Zeit nicht mehr getan und plötzlich begannen sie , sich anzulächeln- von innen heraus.