Am frühen Morgen des 3. Oktober machten wir – neun Pilgerfreunde aus der Gemeinde Berlin St.-Michaels-Heim – uns zunächst mit der Bahn auf den Weg nach Frankfurt (Oder), um von dort aus unsere Pilgerwanderung entlang des Brandenburger Jakobswegs zu beginnen. In dieser Weggemeinschaft kamen Körper, Seele und Geist gleichermaßen in Bewegung.
Mit größter Sicherheit waren wir natürlich davon ausgegangen, dass wir – ganz im Sinne des Jakobsweges – von der Muschel, die als Zeichen dem Pilger Weg und Richtung weist, geführt und getragen werden. Doch -ups- es kam völlig anders: Einige der Muschelzeichen waren kaum noch zu sehen, andere schienen sich versteckt zu haben – und so mussten wir ein paar unerwartete Umwege gehen. Gott sei Dank gibt es Handys mit Navigation, auch im Wald 😊.
Der Weg führte uns durch kleine Dörfer, über Landstraßen und schmale Feldwege, vorbei an Wiesen und Feldern, durch Baumalleen und stille Wälder – Natur pur. Nicht immer ging es auf direktem Weg voran – kleine Abzweigungen und Wegkreuzungen gehörten ebenso dazu, wie spontane Entscheidungen unterwegs: Geht’s jetzt rechts oder links weiter? Doch gerade diese ungeplanten Pfade ließen das Pilgern zu einer tiefen Erfahrung werden. Was uns dabei getragen hat, war der herrliche Humor, den wir miteinander teilten – das gemeinsame Lachen, die Stille im Wald, das Genießen des Weges trotz kleiner Schwierigkeiten. „Der Weg gibt dir nicht das, was du willst, sondern das, was du brauchst.“ (Jakobsweisheit)
So blieb das Ziel stets im Blick, auch wenn der Weg sich wand und manchmal Geduld und Vertrauen verlangte. Das Gehen selbst wurde zum Sinnbild: Ankommen ist das Ziel – und doch ist jeder Schritt schon ein Teil dieses Ankommens. Am Nachmittag erreichten wir den wunderschönen evangelischen Pfarrgarten der Familie Scheffler in Sieversdorf – einen Ort, der durch Großherzigkeit und Spiritualität geschaffen ist für Rast und Begegnungen. Dort wurden wir mit offenen Herzen empfangen, und der Garten lud zum Verweilen ein: Unter alten Apfelbäumen schaukelte eine Hängematte, eine Katze schnurrte um unsere Beine und das weitläufige Gelände bot sogar Platz für ein Lagerfeuer.
Am Abend versammelten wir uns in der gemütlichen Bauernhausküche zu einem wohltuenden gemeinsamen Mahl. Zum Abschluss setzte sich Christian Scheffler ans Klavier, und wir sangen miteinander Lieder – von den Beatles über evangelische Choräle bis hin zu einem irischen Segenslied.
Nach einer ruhigen Nacht in der Orgelwerkstatt und gestärkt durch ein gemeinsames Frühstück machten wir uns dankbar auf den Weg zur nächsten Bahnstation. Der Zug brachte uns alle wohlbehalten nach Hause – erfüllt von der Erfahrung, dass jeder Umweg Teil des Weges war und das Ziel am Ende nicht verfehlt wurde.
Begleitet wurde diese Pilgerwanderung der Gemeinde Berlin St.-Michaels-Heim von einem Pilgersegen, der den Moment einfing – und weit über ihn hinaus ins Leben hineinleuchtet:
„Gott, wir bitten um deinen Segen für die Erde, auf der wir leben. Segne uns den Weg, auf dem wir gehen, bis hin zu den Zielen, die wir erreichen können. Sei bei uns, auch wenn wir rasten, wenn wir nach deinem Willen suchen, deine Liebe empfangen und weitergeben. Segne unsere Hoffnung, die dann in uns ruht, unseren Blick, der uns Erkenntnisse zeigt, und uns die Kraft gibt, deinen Segen in die Welt zu tragen – auf allen Wegen, die wir mit dir gehen dürfen.“
(Nach einem freien Segenstext)